Gedanken zu den LichtEnergieBildern von Wolfgang Hannen

Om mani padme hum (oder wie die Tibeter es aussprechen: Om mani päme hung) „Preis dem Juwel im Herzen des Lotus“

Eine Rede von Anna Teichler:

Der Künstler Wolfgang Hannen, dessen Arbeiten wir hier erleben können, hat sich in den letzten Jahren viel mit der Philosophie des Buddhismus beschäftigt, besonders mit den geistigen Tantralehren des tibetischen Buddhismus und dem Zen-Buddhismus.

Desweiteren hat das Werk des Schweizers Jean Gebser großen Widerhall in seiner Seele gefunden.

Ich möchte nun ein paar Begriffe erläutern, die im Entstehungsprozess der Arbeiten immer wieder aufgetaucht sind.

Da gibt es den Begriff des „MANDALA“.

Das Wort kommt aus dem Sanskrit und bedeutet ganz schlicht „Kreis“.

Ein tibetisches Mandala hat immer einen Mittelpunkt. In diesem Mittelpunkt sitzt eine Gottheit. Dieser „innere Kern“ liegt immer innerhalb eines Vierecks, dem „Palast des inneren Seins“. Er wird umgeben von einem oder mehreren Kreisen, von dem jeder eine besondere Bewußtseinsstufe symbolisiert. 

- Das Mandala ist ein Meditationsobjekt und gleichzeitig der Sitz der Gottheit. Es gibt einen Weg in das Innere, es sitzen Wächter an bestimmten Toren und das Ziel ist räumlich gesehen immer die Mitte. Der Meditierende muss sich in den verschiedenen Bewußtseinsformen innerlich reinigen, wandeln und sich der Auflösung hingeben, bis er am Ende in den Tempel eintreten darf: in das Innere des Lotus. Im Inneren ist das Juwel mit seinem „Vajra-Licht“.

OM MANI PADME HUM. - Am Ende identifiziert sich der Meditierende mit der dortigen Gottheit und vereint sich mit der Weisheit der Gottheit.

Es ist ähnlich wie bei Augustinus, der sagte: „Meine Seele ist ruhelos, bis ruht in dir mein Gott.“

Wolfgang Hannen hat immer wieder den „Mandala-Prozess“ betont, den er während des Schaffens seiner Arbeiten erlebte. Er sagte immer wieder: “Meine Bilder sollen die Seins-Ebene, das Vajra-Licht zum Klingen bringen in uns.“

Was ist das „Vajra-Licht“? (wieder ein Wort aus dem tibetischen Buddhismus)

Es ist das Licht des klaren, brillanten, juwelengleichen Bewusstseins, das Licht des reinen Gewahrseins, des Gegenwärtigseins. Das Vajra ist das Unzerstörbare, das ewig Seiende im Sein, der Wirklichkeit.

Die Frage während des Malens war also immer vorhanden, ob das Bild in seiner Ordnung oder in seiner Wirkung auf diesen Vajra-Zustand hinweisen kann.

Bilder sind für ihn Werkzeuge, wie es auch ein Mantra oder ein Yantra sein kann und es gibt ein Suchen im Künstler, dieses Licht zum Ausdruck zu bringen. Er ist erst dann zufrieden, wenn es DA ist, wenn es durch die Wahrnehmung des Bildes zum Klingen kommt, im eigenen Erleben, im eigenen Sein, im Kontakt zum eigenen göttlichen Kern. Er versucht die Bilder daraufhin zu steigern, bis dieses Licht erscheinen kann oder ahnbar wird.

In diesem Zusammenhang muss ich nun den Kulturanthropologen Jean Gebser ins Spiel bringen. Er hat sich in seinem Werk „Ursprung und Gegenwart“ mit der Entwicklung des menschlichen Bewusstseins befasst und das menschliche Bewusstsein in verschiedene Strukturen eingeteilt. Es gibt die archaische, die magische, die mythische und die mentale Bewusstseinsstruktur. Ihm zufolge befinden wir uns gerade in der Mutation zum sog. Integralen Bewusstsein, dessen Merkmal die Integration aller vorhergehenden Bewusstseinsstrukturen ist, und darüber hinaus das Erscheinen des Diaphanen.

Aussage:“ Das Durchscheinende (Diaphane oder die Transparenz) ist die Erscheinungsform (Epiphanie) des Geistigen.“

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Gebser sagt an anderer Stelle: „Es handelt sich um ein Durchsichtigmachen des in der Welt und hinter und vor ihr Verborgenen, um ein Durchsichtigmachen unseres Ursprungs, unser ganzen menschlichen Vergangenheit und der Gegenwart, die auch die Zukunft schon enthält; denn auch das Zukünftige und nicht nur Gestriges und Heutiges bilden und bestimmen uns. Es handelt sich um ein Durchsichtigmachen des ganzen Menschen.“
Gebser spricht eben auch, wie die Buddhisten, von der  Gegenwärtigung.

Gegenwärtigung ist ein Ganzheitsbewusstsein und zeichnet sich aus durch einen positiven Mangel an Vorsatz und Vorsätzlichkeit.

Ich erwähne diese Gedanken Gebsers, weil ich meine, dass die Werke von Wolfgang Hannen diesen Prozess des Durchsichtigmachens für uns als Betrachter und Betrachterinnen erfahrbar machen.

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Ich möchte etwas zu dem Entstehungsprozess der LichtenergieFelder mitteilen. Bei einigen Bildern fängt Wolfgang mit irdischen Strukturen an, z.B. Wolkenformationen oder lichten Landschaften. Auf diese  Strukturen werden andere Ebenen darüber gesetzt. Die nächste Ebene wäre das „Hineinverweben“ (Ich nenne das so, weil  dieser Malvorgang der  superdünnen lasierten Farbschichten auch einem Weben gleichkommt), des, wie er es nennt: Regenbogen-Lichtes. Es ist wie ein Auffächern eines von ihm wahrgenommen immateriellen Lichtes hinein in die leuchtenden  Farben der wahrnehmbaren Welt. Dabei lässt er sich führen von den Naturbeobachtungen seiner täglichen Spaziergänge.

Z.B: Das „Purpurlicht“ der Schneefelder während der Weihnachtszeit.

Stellt Euch vor: Sonnenlicht in der Abenddämmerung, die Sonne ist gar nicht mehr da…… Es gibt eine Reflektion auf dem weißen Licht… und gleichzeitig wird für das geöffnete Herz eine Purpurschwingung erfahrbar… Purpur.

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Seine Seele vermittelt ihm in der Naturbeobachtung, bzw. Naturerfahrung, in dem was besonders aufleuchtet den Hinweis, oder die Hilfe, wie das Bild weiter zu formulieren ist. Er formuliert es nicht in Worte, sondern in Farbflächen oder Strukturen, Linien, begrenzte Flächen, bestimmte Gesten. Es inspirieren ihn z.B. bestimmte Baumkronengesten, oder wie sich das Licht ausbreitet auf dem Wasser oder einer Eisfläche. Das gibt ihm dann den Hinweis, dass eine bestimmte Farbe sich ausbreiten möchte. Dem folgt er dann. Oder die Stille eines Vogelfluges verweist ihn auf den Stille-Moment hin.

Also alles das, wo seine Seele aufleuchtet, wo seine Seele hell wird, wo etwas wirklich erfahren wird, da wird etwas mitgeteilt, was zu diesem Mandala-Prozess dazugehört. Das kann auch ein Gespräch sein, wo ein bestimmter Zusammenhang klar wird. In diesem Prozess  werden das Bild und er selbst zu einer Membran: Innen – Außen – Innen – Außen (Wie außen so Innen, wie innen so Außen).

Auf diese Weise sind „Purusha“ und „Aufbruch“ entstanden.

Dann gibt es noch den Ansatz des Künstlers, dass er sich meditativ auf eine bestimmte Qualität konzentriert. Z.B. auf die Energie seines Wurzelchakras. Er nimmt die Energie wahr, indem er sich darauf konzentriert und zeichnet dann intuitiv eine Struktur, die sich aus dieser inneren Wahrnehmung ergibt. Das kann ein Ausgangspunkt werden, dass z.B. der Kreis und das Quadrat zum Handlungsimpuls werden, dem er dann zeichnerisch nachgeht. Das ist sozusagen dann der Einstieg in diesen Mandalaprozess, mit dem er dann in der Begegnung mit den Naturerscheinungen in Resonanz geht.

So sind „Gabriel“ und „Wurzelchakra“ entstanden.

Als dritte Inspirationsquelle ist der bewusste Kontakt mit der Geistigkeit, die ihm in anderen Kulturen begegnet, zu nennen. Z.B. die islamische Kunst, Ornamentik und spirituelle Architektur in Andalusien. Das Erspüren des Wesentlichen hinter den Erscheinungen, was spricht in seiner Seele an, wenn da

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ein Quadrat ist, darüber ein 8-Eck und darüber sich eine Kuppel befindet, wie in der Mesquita in Cordoba, dieser großartigen Moschee.

Durch Meditation, die Naturerfahrungen, Gespräche, Inhalte, die ihn anwehen, erhält seine Seele Nahrung. Im Malen findet es seinen „Niederschlag“, wird es konkret. Es wird Gestaltung, manifest, sinnlich präsent.

Seine Bilder sind nicht persönlich. Es sind keine Psychogramme. Sie haben eine Sprache, eine Kraft, eine innere Signatur, die die Seele des Betrachters, der Betrachterin erreichen kann, wenn sie sich ihr öffnet.

Diese Signaturen des Lichts sind letztendlich Einladungen des Künstlers auf die eigene Reise zu gehen. In sich selbst hinein.

Das, was sich zeigen will in Dir, ist Dein Zugang, zu dem, was in Dir spricht (oder auch nicht).

Jeder hat eine eigene Pforte, eine andere Tür, einen anderen Schlüssel, eine eigene Möglichkeit in den Kontakt mit dem Sein zu kommen, dem Juwel im Herzen des Lotus.
Die Betrachtung an sich ist ein seelisch/geistiger Vorgang, sonst würde man gar nichts wahrnehmen.

Im Moment des Betrachtens: Wie gehst Du in Resonanz?

Gibt es eine Aktivität des Verstandes, Deines mentalen Bewusstseins? Eine Analyse: „ Ah! Kreis, Diagonale etc.?“

Oder tauchst Du in die Wirkung der Farben ein, in den mystischen Raum?
Kannst Du Deinen ätherischen Körper spüren, während Du diese Lichtenergie-Bilder betrachtest?

Kannst Du das auch gleichzeitig?

Viel Freude dabei!

Anna Teichler
Keramikerin, Malerin, Kunstpädagogin und Kunstherapeutin

Eröffnung der Ausstellung im Steinreich – Bremen – Februar 2011